
Einfach himmlisch! Kaukasusvergissmeinnicht lĂ€sst wahlweise blaue oder weiĂe BlĂŒtenwölkchen ĂŒber seinen BlĂ€ttern schweben. Letztere bedecken den Boden bis weit in den Herbst und können sich sehen lassen.
Als Staude des Jahres kann Brunnera macrophylla, wie das Kaukasusvergissmeinnicht botanisch heiĂt, selbstverstĂ€ndlich mehr, als ânurâ den Boden bedecken. Den Zweck als bestĂ€ndiger Bodendecker erfĂŒllt die Blattschmuckstaude allerdings zuverlĂ€ssig. FĂŒr gutes Gedeihen braucht sie halbschattige bis schattige Standorte mit einem humusreichen und leicht feuchten Boden. Anders als das zweijĂ€hrige Vergissmeinnicht (Myosotis sylvatica) ist es langlebig, bildet groĂe, herzförmige BlĂ€tter und treibt nach einer kurzen winterlichen Ruhephase ab MĂ€rz dort wieder aus, wo es gepflanzt wurde. Gelegentlich versamt es sich â meist ohne lĂ€stig zu werden. Zwischen April und Juni blĂŒht Brunnera macrophylla in Blau oder WeiĂ auf und zieht auch danach die Blicke auf sich. Nach der BlĂŒte bleiben die BlĂ€tter und die zeigen sich in diversen Spielarten: Je nach Sorte sind sie grĂŒn, weiĂ getupft, hell gerandet oder nahezu komplett versilbert. Die gemusterten BlĂ€tter zaubern an den schattigen Standorten willkommene Lichtreflexe in die Beete.
Mittlerweile ist die Sortenauswahl so groĂ, dass es Zeit fĂŒr einen Praxistest durch den Arbeitskreis Staudensichtung im Bund deutscher StaudengĂ€rtner war. DafĂŒr wurden 18 in den StaudengĂ€rtnereien verfĂŒgbare Varianten von Brunnera macrophylla an sechs verschiedenen Standorten in Deutschland und in Ăsterreich gepflanzt, geprĂŒft und 2023 bewertet. Einer dieser Standorte liegt im Rheinland: das Arboretum Park HĂ€rle in Bonn-Oberkassel. Anders als der Name vermuten lĂ€sst, wachsen hier nicht nur Gehölze: GrĂ€ser, Blumenzwiebeln und Stauden wie Brunnera sind aus der Anlage nicht wegzudenken. Als Technischer Leiter dieses botanischen Gesamtkunstwerks hat Michael Dreisvogt die dort aufgepflanzten Brunnera-Exemplare ĂŒber drei Jahre hinweg begutachtet und unter anderem BlĂŒhfreude, Blattschmuck und VitalitĂ€t beurteilt. Die unterschiedlichen Blattzeichnungen des Kaukasusvergissmeinnichts trafen dabei genau seinen Geschmack: âIch habe eine SchwĂ€che fĂŒr unterschiedlich gezeichnetes Laub. Silbrige, gefleckte, gerandete oder wie auch immer gemusterte BlĂ€tter begeistern mich.â Keine Frage, dass diverse Sorten einer Blattschmuckstaude wie Brunnera macrophylla unabhĂ€ngig von der Sichtung schon vorher im Park wuchsen. Die zusĂ€tzlich fĂŒr den Praxistest gepflanzten Kaukasusvergissmeinnicht standen aber unter genauer Beobachtung. Eine Aufgabe, die Dreisvogt entgegenkommt: âAufmerksames Hinsehen gehört fĂŒr mich zu den wichtigsten und schönsten Aufgaben bei meiner Arbeit mit Pflanzen.â Wo Brunnera wĂ€chst, gibt es dank der dekorativen BlĂ€tter ĂŒber viele Monate hinweg etwas zu sehen, zumal viele Sorten in der Sichtung ĂŒberzeugen konnten. Frosthart sind sie alle â egal, fĂŒr welche Spielart man sich entscheidet.
Zugeben, was die BlĂŒtenfarben anbelangt, ist die Auswahl eingeschrĂ€nkt: Die meisten Sorten der Blattschmuckstaude blĂŒhen blau, aber dafĂŒr in einem umwerfend klaren Ton, der sich gut kombinieren lĂ€sst. FĂŒr Michael Dreisvogt ist diese Farbe ohnehin ein perfekter Partner: âDieses Himmelblau sieht ja schon gemeinsam mit komplett grĂŒnen BlĂ€tter klasse aus. Es passt aber auch wunderbar zu den silbrigen Sorten und kommt vor dem Hintergrund hell gemusterter BlĂ€tter richtig gut zur Geltung.â Eine der bekanntesten und zugleich sehr empfehlenswerten Varianten ist âJack Frostâ. Diese Sorte ist seit rund 25 Jahren erhĂ€ltlich und trĂ€gt silbriges Laub mit einem schmalen grĂŒnen Rand. In der Sichtung wurde âJack Frostâ mit âausgezeichnetâ bewertet. Neben diesem Klassiker konnten auch noch weniger bekannte Sorten ĂŒberzeugen, die ebenfalls weiĂ gezeichnete BlĂ€tter haben, erzĂ€hlt Dreisvogt: âDie Sorten âSea Heartâ und âSilver Heartâ haben nicht nur hier im Park, sondern auch an den anderen Standorten ĂŒberzeugt. Sie haben etwas dickere BlĂ€tter und das scheinen die Schnecken nicht zu mögen.â Es ist zwar zum GlĂŒck so, dass Brunnera nicht ganz oben auf dem Speiseplan der Schleimer steht, aber diese beiden Sorten scheinen besonders robust zu sein. Als ebenfalls sehr vital und dekorativ hat sich âAlexanderâs Greatâ erwiesen. Die Sorte bildet ungewöhnlich groĂe, silbrige BlĂ€tter mit grĂŒnen Adern und blĂŒht wie die meisten Brunnera-Vertreter blau. Und wenn es weiĂe BlĂŒten sein sollen? âDann wĂŒrde ich die Sorte âBetty Bowringâ pflanzen. Sie hat komplett grĂŒne BlĂ€tter und das finde sogar ich als Liebhaber von Blattmusterungen gut so.â Der Grund: Vor durchgehend grĂŒnem Blattwerk heben sich weiĂe BlĂŒten besser ab, als vor hell gemustertem Laub.
Die Suche nach passenden Partnern beginnt beim Standort. Was Brunnera mag, sollte auch den Begleitern behagen. Gefragt sind Arten, die ebenfalls im Schatten oder Halbschatten und in frischen Böden gedeihen. Wenn diese Basis stimmt, geht es ans Gestalten, erzĂ€hlt Dreisvogt: âMit den dunkellaubigen Sorten der Purpurglöckchen (Heuchera) lassen sich zum Beispiel sehr starke Farbkontraste erzeugen. Das ist natĂŒrlich Geschmackssache.â Dezenter, aber nicht weniger wirkungsvoll sind Effekte, die sich durch unterschiedliche Umrisse erzielen lassen: âDas runde herzförmige Blatt der Brunnera unterstreicht spitze, feine und filigrane Formen: Farne, und GrĂ€ser wie Hakonechloa macra sind da zum Beispiel wunderbare Kandidaten.â Wer nach der frĂŒhen BlĂŒte der Brunnera noch einen spĂ€teren Flor sehen möchte, könnte die Prachtspiere (Astilbe) dazu pflanzen. Sie hat fein gefiederte BlĂ€tter und setzt mit ihren aufragenden BlĂŒtenkerzen im Sommer und frĂŒhen Herbst Ausrufezeichen in WeiĂ, Rosa oder Rottönen. Ebenfalls geeignet und sehr interessant sind variantenreiche Blattschmuckstauden, allen voran die Gattung Hosta. Sie bietet ein ganzes Universum weiterer Spielarten und Blattzeichnungen, die sich kombinieren lassen. Besonders unkompliziert ist die Partnerschaft mit einer anderen bodendeckenden Staude: Die Elfenblume (Epimedium) war bereits 2014 Staude des Jahres und wĂ€chst gemeinsam mit ihrer frisch gekĂŒrten Kollegin zu einem dichten BlĂ€tterteppich heran.
Auch mit sich selbst lĂ€sst sich das Kaukasusvergissmeinnicht kombinieren. Der grĂŒnblĂ€ttrigen, ursprĂŒnglichen Art Brunnera macrophylla, könnten Sorten mit Blattmusterung wie âQueen of Heartsâ Gesellschaft leisten. Damit sie den Boden lĂŒckenlos bedeckt, wird Brunnera mit sechs bis acht Exemplaren pro Quadratmeter gepflanzt. Ihre volle Schmuckwirkung entfalten die BlĂ€tter ĂŒbrigens durch einen kleinen Pflegetrick. Michael Dreisvogt verrĂ€t ihn: âWenn man Brunnera direkt nach der BlĂŒte bodennah zurĂŒckschneidet, treiben sie wieder frisch durch. Dann sehen die BlĂ€tter auch im Hochsommer und gegen Ende der Saison sehr vital aus.â Wer das versĂ€umt hat, muss sich kein Sorgen machen und lĂ€sst die Staude des Jahres fĂŒr den Rest der Saison einfach in Ruhe. Die BlĂ€tter ĂŒberzeugen im Beet auch ohne diese MaĂnahme. Dass sie durch den Trick mit dem Schnitt sogar noch schöner aussehen könnten, lĂ€sst sich einfach nĂ€chstes Jahr ausprobieren.

Oben: Brunnera, hier mit Azaleen, eignet sich gut als Unterpflanzung von Gehölzen im Schatten.
Unten: Ein spannendes Formenspiel bietet die Kombination von Brunnera mit filigranem Farn.
GroĂes Bild: Gut abgemischt: Die Vielfalt unterschiedlicher Blattformen und -farben ist groĂ und lĂ€sst abwechslungs-reiche Bilder entstehen. In dieser Staudenmischpflanz-ung wĂ€chst Kaukasus-vergissmeinnicht (Brunnera macrophylla) mittendrin, links setzt ein Pur-purglöckchen (Heuchera) einen starken Kontrast. Im Vordergrund sorgt Frauenmantel (Alchemilla) fĂŒr Harmonie, wĂ€hrend das Japanische Berggras (Hakonechloa macra) mit seinen Halmen einen spitzenmĂ€Ăigen Auftritt hat.
 (Bildnachweis: Bettina Banse)